350 Wohnungen sind möglich, wenn man will!

03.12.2022/Oliver Prosenbauer
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Mödlings Baudirektor Werner Deringer war maßgeblich an der Entwicklung des Areals der ehemaligen Gendarmeriezentralschule in Mödling beteiligt. Im Interview teil er mit uns seine Erfahrungen und Einschätzungen zur Ortsentwicklung.


 

 

Wie ist Ihre Einschätzung zur aktuellen Lage bei der Brunner Glasfabrik?

Ich bekomme mit, dass es sehr heftige politische Diskussionen und unterschiedliche Pläne hinsichtlich der Entwicklung und Bebauung dieses Gebietes gibt. Daher dürfte es auch zu Einleitung einer Volksbefragung gekommen sein.

Was ist der Grund für diesen Dissens?

Bis jetzt gibt es kein tragfähiges Konzept für dieses große Areal außer einer mehr oder weniger großen Anzahl an Wohneinheiten, die dort errichtet werden sollen.

Hat man das Pferd vom Schwanz her aufgezäumt?

Eigentlich ja. Denn bis heute sind zwei zentrale Fragen der Ortsentwicklung in Brunn nicht beantwortet: Was fehlt bzw. was brauche ich für die weitere gute Entwicklung meines Ortes? Was und welche Entwicklung verträgt ein bestimmtes Gebiet zusätzlich zu dem, was schon da ist? Wenn ich diese Fragen nicht beantworten kann, ist es eigentlich fahrlässig ein Gebiet zur Bebauung freizugeben.

Durch welche Maßnahmen komme ich zu Antworten auf diese wichtigen Fragen?

Es müsste in allererster Linie das Brunner Ortsentwicklungskonzept aktualisiert und überarbeitet werden. Das Konzept für die Ortsentwicklung gibt vor, in welcher Art und Weise sich ein Ort in den kommenden Jahren entwickeln soll und enthält einen Leitplan für die künftige Nutzung von Bauland, Grünland und Verkehrsentwicklung. Wesentlich ist dabei auch die Bürgerinnen und Bürger in einer breiten Beteiligung sowie natürlich auch die Grundeigentümer einzubinden.

In den Diskussionen rund um die Verbauung der Glasfabrik wird auch immer wieder ins Treffen geführt, dass der Grundeigentümer Anspruch auf eine bestimmte, dichte Verbauung hat, weil es sich um Bauland-Kerngebiet handelt. Ist das richtig?

Das Areal der Glasfabrik liegt in einer sogenannten Aufschließungszone für die der Gemeinderat eine große Anzahl an Freigabebedingungen festgelegt hat. Erst wenn diese Freigabebedingungen geklärt sind, können weitere Schritte unternommen werden. Das bedeutet aber auch, dass die Grundeigentümer ja schon jetzt mit Einschränkungen rechnen müssen.

Woraus könnten sich diese Einschränkungen ergeben?   

In den Freigabebedingungen ist zum Beispiel festgelegt, dass die Art der Bebauung mit der technischen und sozialen Infrastruktur zusammenpassen muss. Wenn ich tausend Wohnungen zusätzlich baue, dann bedeutet das ja etwas für meine Trinkwasserversorgung oder die Abwasserentsorgung. Ich muss also feststellen, ob ich mit meinen Kapazitäten auskommen werde, welche Maßnahmen und Investitionen notwendig und möglich sind. Dasselbe gilt für Kindergärten, Schulen und natürlich den Verkehr. Am Ende des Tages wird sich dann eine Zahl an Wohneinheiten ergeben, die für den Ort möglich und verträglich sind.

Demnach ist es also möglich eine maximale Anzahl an Wohneinheiten für das gesamte Areal der Glasfabrik, wie zum Beispiel jene 350 aus der Initiative der Volksbefragung vorzugeben. Welche Möglichkeiten habe ich, das umzusetzen?

Die Gemeinde kann viele Instrumente einsetzen. Sie kann die Bebauungsdichte, die Bebauungshöhe und die Geschoßflächenzahl festlegen. Sie kann Vorgaben für die Baukörper und die Freiflächen definieren. Mit Baufluchtlinien können bestimmte Areale von der Bebaubarkeit ausgenommen werden und vieles mehr. Weiters wird es für die Glasfabrik durch Abstände zur Bahn und zum Betriebsgebiet natürliche Einschränkungen der Bebauung geben.

Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass die Art der Verbauung der Glasfabrik bis heute nur auf Vorschlägen der Eigentümer beruht?

Für ein Gebiet dieser Größe und Bedeutung wäre ein von Gemeinde und Grundeigentümern gemeinsam ausgelobter internationaler städtebaulicher Wettbewerb die richtige Maßnahme gewesen. Die Gründe der Glasfabrik sind das letzte große Entwicklungspotential für Brunn und würden viele Chancen bieten. Die jetzige Vorgangsweise erinnert eher an die 80er-Jahre.

Danke für das Gespräch.